Der Aufstieg

Vom Handwerksbetrieb zum weltbekannten Hersteller edler Motorräder

Die Geschichte von bimota startet 1966 mit der Gründung einer Heizungs- und Lüftungsbaufirma in der Via Covignano 103 in Rimini. Der Firmenname entsteht aus den Anfangsbuchstaben der drei Eigentümer: Valerio Bianchi, Guiseppe Morri und Massimo Tamburini. Die Gründung des spätestens seit den 1980er Jahren weltbekannten Motorradherstellers erfolgt erst 1973. Der Hauptakteur dabei ist Massimo Tamburini, der als begeisterter Motorradfahrer auch auf Rennstrecken unterwegs ist und bereits in den 60er Jahren Motorräder nach seinen Vorstellungen verändert. Unter anderem baut er eine Vierzylinder MV Augusta 600, die mit Kardanantrieb und großem Tank als Tourenmaschine konzipiert ist, zu einem Sportler um und erregt damit erstes Aufsehen in der Szene.

Der entscheidende Grund zur Neuausrichtung der Firma war jedoch das instabile Fahrwerk seiner Honda CB750 Four, das der Motorleistung nicht gewachsen war. Tamburini bewegte das Motorrad häufiger an und auch über die Grenzen. 1972 stürzt er in der Querica Kurve auf der Rennstrecke von Misano und beschließt daraufhin die Konstruktion eines neuen Fahrwerks für seine CB 750, das mit den Möglichkeiten der knapp 70 PS nicht überfordert ist. Er entwirft einen Gitterrohrrahmen aus weitgehend geraden Chrom-Molybdän-Stahlrohren in steifen Dreiecksverbindungen, der den Motor als tragendes Element aufnimmt. Im Vergleich zum Honda CB 750 Doppelschleifenrahmen ist dieser mit einem Gewicht von nur 13 kg erheblich leichter bei gleichzeitig deutlich verbesserter Steifigkeit. Nach Aufbau des komplette Motorrads und ersten Testfahrten soll die erste Bimota mit dem 750er Honda Motor, die HB1, ihre Qualitäten im Rennen unter Beweis stellen. Der erste Renneinsatz ist für den 13. April 1973 bei den 200 Meilen von Imola mit Luigi Anelli als Fahrer geplant. Obwohl es wegen technischer Problemen nicht zum Rennstart kommt, erzielen die im Training gefahrenen Rundenzeiten große Aufmerksamkeit. Tamburini und Morri entscheiden sich daraufhin das ursprüngliche Geschäft aufzugeben und sich voll auf das Motoradgeschäft zu konzentrieren. Bianchi trägt den Schritt nicht mit und scheidet aus der Firma aus.

Erste Aufträge für den Bau von Rahmen für Rennmaschinen lassen nicht lange auf sich warten. Und mit der HB1 kommen auch noch die sportlichen Erfolge. Ermanno Petrucciani gewinnt mit der HB 1 am 12. Mai 1974 ein erstes Rennen und im gleichen Jahr sogar die Schweizer Meisterschaft. Neben dem Prototypen entstehen noch neun weitere HB1 als Bausatz, bestehend aus Rahmen, einer Kastenschwinge, einem separaten Öltank aus Aluminium, sowie Tank, Höcker und Vollverkleidung.

Premiere der Bimota HB1 auf der Rennstrecke von Imola 1973 by galpalu – Ausschnitt aus Original
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bimota_HB1_original.jpg
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In den ersten Jahren produziert Bimota weiterhin hauptsächlich hochwertige Rahmen für Rennmaschinen sowie Tuningteile, überwiegend für die Motorräder von Yamaha und Suzuki, aber auch für Marken wie Paton oder Harley Davidson, die sich Anfang der 1960er Jahre beim italienischen Hersteller Aermacchi einkaufen. Die Qualität der Brückenrohrrahmen aus dünnwandigen, hochlegierten Stahlrohren ist der Zeit und den anderen Herstellern deutlich voraus. Bereits 1973 fährt Amando Corecca auf einer 500er Paton Bimota erste Grand Prix Rennen. Allerdings ist der Viertakt Twin mit seinen rund 65 PS gegen die Zweitakter von Honda und Yamaha chancenlos. Aber bereits 1974 folgen erste Grand Prix Siege von Silvio Grasetti und Mario Lega auf Yamaha mit Bimota Rahmen. Zu diesem Zeitpunkt sind keine 10 Mitarbeiter bei Bimota beschäftigt. Die Fachwelt und vor allem die großen europäischen und japanischen Hersteller staunen.

1975 gewinnt der 19-jährige Johny Cecotto die Weltmeisterschaft auf einer Yamaha mit Bimota Fahrwerk, der YB 1, und wird jüngster Weltmeister aller Zeiten. Er steht schon vor dem letzten Rennen als Meister fest und gewinnt dabei gegen etablierte Größen wie Giacomo Agostini und Walter Villa. Der Bekanntheitsgrad der Marke steigt weltweit und die Auftragsbücher füllen sich. 1976 bezieht das erfolgreiche Unternehmen größere Räumlichkeiten in der Via Covignano 195 in Rimini und wächst auf 20 Mitarbeiter. Bimota arbeitet bereits mit mehreren Herstellern im Rennsport zusammen und baut erste Kleinserien.

Bimota SB1 (1975) al „Bimota Classic Parts“ by Matthb1395 – Ausschnitt aus Originalfoto
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bimota_SB1_%281975%29.jpg
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So entsteht im Auftrag von Suzuki eine Kleinserie von 50 Exemplaren der SB1, angetrieben vom Zweitaktmotor der Suzuki T500 für die italienische Juniorenmeisterschaft. Harley Davidson (Aeromacchini) ordert 35 Stück der HDB2, auf der Walter Villa 1976 Weltmeister wird.
An dieser Stelle eine kurze Erläuterung zur Bezeichnung der Modelle. Hier bleibt Bimota bei der bereits mit der HB1 begonnenen Logik. Der Hersteller der technischen Basis steht vor dem B für Bimota, gefolgt von der chronologischen Nummerierung. So ist z.B. die SB1 die erste Bimota mit Suzuki Motor.

1976 wird mit der Vorstellung des Prototypen der ersten Straßenmaschine, der SB2, ein weiteren Meilenstein in der Geschichte von Bimota erreicht. Das Projekt entsteht in Kooperation mit Suzuki Italien, die den Import der notwendigen Komponenten aus Japan übernehmen. Doch das italienische Außenhandelsministerium regelt seinerzeit die Importquoten neu und die „Ersatzteillieferung“ wird im Hafen von Livorno blockiert. Morri und Tamburini kaufen schließlich 200 neue Suzuki GS 750 und bauen die für die SB2 benötigten Teile aus. Die nicht benötigten Serienteile werden verkauft oder verschrottet.

Die Beschaffung von Motoren und Komponenten beschäftigt den Rahmenhersteller für viele Jahre, da kein Hersteller, abgesehen von wenigen Ausnahmen, bereit ist Motoren und Komponenten als Einzelteile zu liefern. Dennoch präsentiert Bimota bis zum Ende des Jahrzehnts zwei weitere Straßenmodelle, die KB1 und die SB3.

Eine perfekt restaurierte YB3 – Foto zur Verfügung gestellt von Matthias Farwick

Das Engagement im Rennsport wird parallel zum Bau der Straßenmodelle erfolgreich weiterbetrieben. 1980 gewinnt Jon Ekerold die 350er Weltmeisterschaft mit der YB 3. In mehreren legendären Rennen setzte er sich gegen Toni Mang auf Kawasaki durch, der Vize-Weltmeister wird. Erst im letzten Saisonrennen auf dem Nürburgring wird die Meisterschaft nach packendem Zweikampf entschieden.

Neben den Erfolgen im Rennsport kommen Verkaufserfolge der Straßenmotorräder SB2, KB1 und SB3 hinzu. Die Stückzahlen steigen und das kleine Werk kommt räumlich schnell an die Grenzen. Bimota entscheidet daher 1980 weiter zu expandieren und bezieht 1982 den umgerechnet rund 1,7 Millionen DM teuren Neubau in der Via Giaccaglia 38, in dem rund 800 Motorräder pro Jahr entstehen sollen.

Das neue Werk in der Via Giaccaglia 38 in Rimini

Insgesamt baut Bimota in 27 Jahren, von 1973 bis zur Insolvenz im Jahre 2000, knapp 12.000 Motorräder, d.h. im Mittel weniger als zwei pro Werktag. Zum Vergleich: Honda benötigt in Spitzenzeiten für solche Stückzahlen keine drei Tage. Aufgeteilt auf über 40 verschiedenen Modelle, sofern man denn alle Varianten, z.B. die 3 YB8 Modelle oder die 4 DB2 Versionen, mitzählt, sind exklusive Kleinserien in Handarbeit entstanden. Von einigen Modellen nur ein paar dutzend Stück, von den meisten ein paar Hundert. Nur ein Modell, die SB6, erreichte ein 4-stellige Stückzahl und wird von 1994 – 1996 insgesamt 1144 mal gebaut.

Die Begeisterung für diese Motorräder umspannt den ganzen Globus. Die Bimota Modelle finden Käufer auf der ganzen Welt. In Europa sind Italien, Deutschland, England und Frankreich die wichtigsten Märkte. Die größten außereuropäischen Märkte sind Japan und die Vereinigten Staaten, aber auch in Australien und Neuseeland.

Alle Motorräder zeichnet die aufwendige und edle Verarbeitung, das elegante italienisches Design und die Exklusivität aus. Darüber hinaus werden bei einigen Modellen technische Innovationen erstmals in der Serie eingeführt, mit denen die kleine Firma Maßstäbe im Motoradbau setzte. Diese reichen von Exzentern zur Einstellung der Kettenspannung und der Schwingenachse, progressiv angelenkte Zentralfederbeine, Schwingenlagerung im Drehpunkt des Kettenritzels, im Heck verbauten Endtöpfen bis hin zur Radnabenlenkung. In Summe ist es faszinierend zu sehen, was ein kleines Team mit Leidenschaft und Motivation im Motorradbau erreicht hat.